Die Digitalisierung in der Landwirtschaft eröffnet vielfältige Chancen und Möglichkeiten: es werden extrem große Datenmengen generiert, deren Vielfalt, Qualität und Aktualität in Verbindung mit Datenmanagementsystemen und schnellem Internet in Echtzeit nutzbar gemacht werden können. Gleichzeitig wirft die Digitalisierung auch
grundsätzliche Fragen auf, denn Landwirtinnen und Landwirte machen sich zunehmend Sorgen um die Sicherheit (gegen unbefugten Zugriff, Beschädigung oder Diebstahl) und Souveränität/Hoheit (selbstbestimmte Kontrolle) über die eigenen Daten. Welche rechtlichen Aspekte gilt es in Bezug auf die Themen Datensicherheit und Datenhoheit/-souveränität in der digitalen Nutztierhaltung zu beachten? Welche konkreten Anwendungsfälle gibt es in der Praxis? Diese Fragen wurden im DigiTier Workshop am 20.06.2023 mit den Vertreterinnen und Vertretern der über DigiTier begleiteten Projekte, der "Digitalen Experimentierfelder“ sowie des "Zukunftslabors Agrar" diskutiert.
Wir bedanken uns herzlich bei allen Mitwirkenden, die spannende Impulse zu diesem Thema geben konnten.
Olivia Spykman von der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) berichtete über die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage mit bayerischen Landwirtinnen und Landwirten, laut der den Befragten die Datenschutzregeln meist bekannt sind, sie diesen jedoch mit Skepsis begegnen. Was die Souveränität über die eigenen Daten angeht, ist nur ein geringer Anteil offen dafür Daten für (monetäre) Gegenleistungen mit Dritten zu teilen.
Auch sind die Anforderungen an die Datensouveränität je nach Anwendungsfall sehr unterschiedlich. Hierzu referierte Fredrik Boye vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI). Geht es beispielsweise darum Daten Lohnunternehmen zur Verfügung zu stellen, möchten Landwirtinnen und Landwirte wissen, was mit ihren Daten gemacht wird und sichergehen, dass diese vertraulich behandlet werden.
Im Falle der Bereitstellung von Daten an Behörden ist es eher wichtig, dass die notwendigen Daten auf ein Minimum beschränkt werden, es hierfür klare Regeln für alle gibt und verständlich ist, wofür diese Daten benötigt werden.
Was die rechtlichen Aspekte angeht, erklärte Dr. Paul Vogel von der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB, gibt es für die Souveränität von landwirtschaftlichen Daten aktuell keine gesetzliche Regelung. Meist werden diesbezüglich Verträge zwischen allen Beteiligten abgeschlossen, die sich aber häufig durch ein Machtungleichgewicht zwischen den Vertragsparteien auszeichnen und die Gefahr von „lock-in“-Effekten bergen, d.h. die Landwirtinnen und Landwirte sind von einem (großen) herstellenden Unternehmen abhängig.
Der EU Data Act sei ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings gebe es Anwendungsfälle, in denen er nicht greife.
Eine Live Umfrage mit den Teilnehmenden des Workshops zeigte, dass das Thema „Datensicherheit in der Forschung- und Entwicklung von digitalen Anwendungen in der Nutztierhaltung“ mehrheitlich adressiert wird (88%), während der Aspekt „Datenhoheit“ nur in etwas mehr als der Hälfte (56%) der Projekte thematisiert wird.
Deutlich wurde, dass es geeigneter Formate bedarf, um den Wissenstransfer in die Praxis zu gewährleisten. Auch die Entwicklung innovativer, praktikabler Ansätze zur Lösung der Verbesserung der Datensicherheit und Stärkung der Datenhoheit müssen weiterhin vorangetrieben werden.
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